Mehr als Code: Die nicht-technischen Herausforderungen von Data Scientists
Mehr als Code: Die nicht-
technischen Herausforderungen von Data Scientists
7 Tipps für Berufseinsteiger und andere Tech-Köpfe
Was muss ein:e Data Scientist können? Wie sieht der Arbeitsalltag aus? Wer frisch von der Schule oder Uni kommt und versucht, diese Fragen via Onlinesuche zu beantworten, der:die stößt auf etliche Seiten, die sich mit dem Berufsbild des Data Scientists auseinandersetzen.
Dort ist meist die Rede von Programmierkenntnissen und Analysefähigkeiten, von statistischen Verfahren und unstrukturierten Daten, mitunter auch von Neugierde und Business-Know-how. Das ist alles nicht falsch. Doch in meinen Ohren klingt es sehr abstrakt. Und je länger ich in diesem Job arbeite, desto mehr habe ich den Eindruck: Da fehlt etwas.
In diesem Beitrag möchte ich euch einen etwas anderen Einblick in das Berufsleben von uns Data Scientists geben. In sieben Punkten versuche ich ein praxisnahes Bild davon zu schaffen, was man – jenseits von technischen Skills – als Data Scientist können und wissen sollte. Übrigens: Die Ratschläge gelten für neugierige Juniors genauso wie für erfahrene Seniors.
Data Science Mania: Wenn Techies mal nicht über Tech reden
Data Science Mania:
Wenn Techies mal nicht über Tech reden
Bevor ich anfange, möchte ich euch von einer Veranstaltung erzählen. Im Juni dieses Jahres habe ich an der ersten Data Science Mania in Leipzig teilgenommen. Die DS Mania ist ein Event für Data Scientists, bei dem ausnahmsweise nicht die Technologie im Vordergrund steht, sondern die Menschen, die sie entwickeln.
Ich hatte dort nicht nur die Chance, einen eigenen Vortrag zu halten, sondern auch viel von den anderen Speaker:innen und Teilnehmer:innen zu lernen. Über Organisation und Führung, über Kommunikation und Verantwortung, über Aufstiegsmöglichkeiten und den Umgang mit Stress.
Die Teilnahme an der Data Science Mania war für mich eine bereichernde Erfahrung – und hat nicht zuletzt die Idee für diesen Artikel hervorgebracht. Alles, was ihr hier lest, beruht auf den Erfahrungen, die ich im Laufe meiner eigenen Berufstätigkeit gesammelt habe. Und auf den vielen klugen Gedanken, die ich in Leipzig aufsaugen durfte. Vielen Dank dafür!
Hier nun also meine sieben Tipps:
1. Manage your expectations
1. Manage your
expectations
Ich weiß, das klingt etwas ernüchternd. Aber tatsächlich habe ich oft erlebt (auch bei mir selbst), dass Data Scientists mit Erwartungen in den ersten Job gehen, die dieser nicht erfüllen kann. Der Kontrast zwischen der akademischen Lehre und der praktischen Anwendung führt oft zu Enttäuschungen.
Klar, du hast an der Uni diese ganzen spannenden Dinge gelernt. Du kennst die coolsten KI-Modelle und willst sie endlich in der Praxis anwenden. Doch die neusten und ausgefeiltesten Methoden sind nicht immer die richtigen für dein Projekt.
Simplere Modelle sind nicht nur leichter zu implementieren, sondern aus Kunden- und Auftraggebersicht auch leichter zu verstehen. Du solltest dich also möglichst früh an den Gedanken gewöhnen, dass ein einfaches Bayessches Modell genauso viel Wert ist wie ein neuronales Netz.
2. Sei kein einsamer Held – und keine einsame Heldin
2. Sei kein einsamer Held – und keine
einsame Heldin
Der Alltag eines Data Scientists hält viele Herausforderungen bereit. Sei es ein Datenformat, das dich zur Verzweiflung bringt, seien es Ausreißer, die deine Kalkulation verzerren. Manchmal weiß man einfach nicht weiter.
Doch wozu gibt es Kolleg:innen? Nutze dein Team so oft es geht, um gemeinsam Probleme zu lösen und Fehler aufzudecken. Kleiner Tipp: Hier bei PLAN D arbeiten wir häufig mit Pair Programming. So ist das Vier-Augen-Prinzip direkt in den Entwicklungsprozess integriert.
Aber was ist, wenn du gar kein Team hast? Auch dann musst du nicht auf Unterstützung verzichten. Nutze Meet-ups und Veranstaltungen, um dich auszutauschen und dazuzulernen. Und bei akuten Codeproblemen findest du meist Hilfe in Programmierforen. Insbesondere die Python-Community hat mich schon oft mit ihrer Hilfsbereitschaft überrascht.
3. Lerne aus Feedback und Fehlern
3. Lerne aus Feedback und Fehlern
Zur Arbeit im Team gehört auch, dass du Feedback bekommst, positives wie negatives. Egal, was es ist, freu dich darüber! Wir alle machen Fehler, und aus diesen Fehlern können wir lernen.
Ich gebe aber zu, dass man diese Fehler- und Feedbackkultur erst lernen muss. Als ich als Data Scientist angefangen habe, habe ich mir über jede kritische Anmerkung stundenlang Gedanken gemacht: Warum habe ich das nicht selbst gesehen? Denken jetzt alle, dass ich blöd bin?
Und wenn ich selbst aufgefordert war, den Code meiner Teammitglieder zu reviewen, habe ich mit mir gerungen: Wie sage ich das jetzt am besten? Wer liegt hier falsch: Mein erfahrener Kollege oder doch eher ich?
Inzwischen liebe ich diesen Teil meiner Arbeit. Bei den Pyladies Berlin habe ich dazu sogar einen Vortrag gehalten. Der Titel: „How to be a good reviewer: Be honest, nice, and a badass“ (in diesem Video ab 1:10:00).
4. Übernimm Verantwortung
4. Übernimm
Verantwortung
Die Arbeit im Team, die eigene Unerfahrenheit und das Bewusstsein, Fehler machen zu dürfen, können zu einer fatalen Schlussfolgerung führen. Nämlich zu der Annahme, dass man selbst keine Verantwortung für die eigenen Arbeitsergebnisse trägt.
„Mein Chef wird sich schon etwas dabei gedacht haben. Meine Kollegin schaut ja eh noch mal drüber. Der Backend-Entwickler wird sich schon melden, wenn er etwas braucht.“ Hmm ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
In unserem Team gilt: Alle sind für ihren Teil der Arbeit verantwortlich. Das bedeutet: Sprich deinen Chef darauf an, wenn dir eine Aufgabe nicht klar ist. Teste deinen Code so umfassend wie möglich, anstatt dich auf deine Kollegin zu verlassen. Und wenn du lange nichts vom Backend-Entwickler gehört hast, frag doch mal nach, wie weit er gekommen ist. Vergiss nicht: Die anderen sind auch nur Menschen 😉
5. Kommuniziere. Mit allen!
In den obenstehenden Abschnitten ist es bereits angeklungen, aber ich möchte es noch einmal gesondert erwähnen: Der Austausch mit anderen Projektbeteiligten ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren in Datenprojekten. Das gilt für deine direkten Kolleg:innen genauso wie für Vorgesetzte und andere Teams (z.B. IT-Architektur, Backend- und Frontend-Entwicklung, IT-Security, Datenschutz).
Wenn du wie ich in einer Beratung arbeitest, dann gilt es auch für die Kund:innen. Ich muss zugeben, das hat mich anfangs überrascht. In meiner Vorstellung waren Data Scientists in ihrer eigenen kleinen Blase unterwegs, ohne großartig mit den Auftraggebern in Berührung zu kommen. Doch bei PLAN D ist das ganz anders.
Immer wieder gehen wir mit in Kundentermine, nehmen an Statusupdates und Workshops teil. Das gibt uns einerseits die Möglichkeit, die Herausforderungen und Wünsche der Kund:innen besser zu verstehen, und ihnen andererseits unsere Arbeit zu erklären. Denn um die von uns entwickelten Technologien nutzen zu können, müssen die Mitarbeiter:innen der Unternehmen wissen, was KI alles kann – und was sie nicht kann.
6. Kenne deine Stärken
6. Kenne deine
Stärken
Die ersten Berufsjahre habe ich als eine besonders spannende Zeit empfunden. Es ist die Zeit, in der du herausfindest, wo deine Stärken liegen. Das hilft nicht nur in der täglichen Arbeit, etwa bei der Verteilung von Aufgaben im Team. Es hilft auch dabei herauszufinden, in welche Richtung du dich weiterentwickeln willst.
Möglicherweise entdeckst du deine Begeisterung für unternehmerisches Denken, wirst zum Sales Engineer oder Business Lead. Oder du stellst fest, dass du ziemlich gut in diesen zwischenmenschlichen Dingen bist: Motivation, Kommunikation, Feedbackgespräche... Dann bist du möglicherweise der geborene People Lead.
Wenn du mehr über Führungsrollen im Tech-Bereich erfahren möchtest, empfehle ich dir dieses Video der Tech Leaders Academy. Ich möchte aber auch betonen, dass Leadership nur eine Option ist. Auch auf fachlicher Ebene gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln.
Denn: Data Science ist unglaublich divers und weitläufig. Ich persönlich genieße es sehr, mich ständig in neue Themen einarbeiten zu "müssen". Ob Preprocessing oder Testautomatisierung, ob Projektmanagement oder Datensicherung: Als Data Scientist bei PLAN D habe ich schon die vielfältigsten Aufgaben übernommen.
7. Pass auf dich auf
Mein letzter Ratschlag ist einer, der sicher auf die meisten anderen Berufe anwendbar ist. Trotzdem gehört er für mich zwingend in diese Liste, denn ich glaube, dass das Thema Self Care in unserer Branche allzu oft vernachlässigt wird.
Die Ansprüche an uns Data Scientists werden immer vielfältiger – wie man auch an diesem Beitrag erkennen kann. Gleichzeitig liegt es in der Natur unserer Arbeit, dass Erfolgserlebnisse oft lange auf sich warten lassen. Und schließlich sind auch wir von den ständigen Unterbrechungen des digitalen Joballtags betroffen. E-Mail, Slack, WhatsApp, you name it…
Das Team von extrazwei hat bei der Data Mania Tipps gegeben, wie sich diese Fragmentierung der Arbeitszeit reduzieren lässt. Zum Beispiel: Schalte deine Benachrichtigungen aus. Etabliere Fokuszeiten, in denen du sicher ungestört arbeiten kannst. Checke deine E-Mails nur drei Mal am Tag!
Was auch immer für dich funktioniert: Achte auf dich und finde heraus, was du brauchst, um einen entspannten und produktiven Arbeitsalltag zu haben.
Es wird nie langweilig
Ich hoffe, dass ich dir mit diesen Ratschlägen und persönlichen Erfahrungen einen guten Einblick in unsere Arbeit geben konnte. Du siehst: Als Data Scientist wird einem so schnell nicht langweilig.
Ich persönlich finde meinen Job jedenfalls wahnsinnig spannend. Wegen der vielen tollen Menschen, mit denen ich zu tun habe. Und natürlich auch wegen des Codes :-)