KI und Sie:
Wo anfangen?

So gelingt der Einsatz von KI 

in Unternehmen – Teil 2

31. July 2023
Sebastian Bluhm
KI und Sie: Wo anfangen?

Effizienz steigern, Prozesse beschleunigen, Mitarbeiter:innen entlasten: Die grundlegende Relevanz künstlicher Intelligenz haben die meisten Manager:innen längst erkannt. So weit, so gut. Wie aber gelingt der nächste Schritt. Besser gesagt, der erste: nämlich die tatsächliche Einführung von KI im eigenen Unternehmen?

 

Hier stehen viele Führungskräfte vor einem Rätsel. Was genau kann KI eigentlich? Wie könnte sie sich auf mein Produkt, mein Geschäftsmodell, meine Branche auswirken? Und am wichtigsten: Wo konkret kann ich sie in meinem Unternehmen gewinnbringend einsetzen?

 

In diesem Beitrag stelle ich Ihnen verschiedene Ansätze vor, wie Sie genau das herausfinden.

Wo anfangen?

Denn eines sollten Sie bei dem medialen Hype um künstliche Intelligenz nicht vergessen: KI ist kein Selbstzweck. Künstliche Intelligenz – Data Science, Machine Learning, wie immer Sie es nennen wollen –  ist ein Tool in Ihrem unternehmerischen Werkzeugkasten. Sinnvoll eingesetzt, ein überaus effektives. Mittelfristig ein unverzichtbares. Nur gibt es dafür kein Patentrezept.

Wo und wie KI am effektivsten zum Einsatz kommt, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Soll künstliche Intelligenz also nicht um ihrer selbst willen, sondern sinnvoll, nutzbringend und wertschöpfend eingesetzt werden, müssen die speziellen Eigenheiten und USPs Ihres Unternehmens berücksichtigt werden. Dafür gilt es die folgenden Punkte abzuwägen:

1. Strategische Zielsetzung

Wer KI einsetzen will, sollte sich darüber im Klaren sein, welche Ziele er oder sie damit verfolgt. Vermutlich  wollen Sie Kosten sparen oder Ihre Sales Performance steigern. Vielleicht möchten Sie Ihre Prozesse vereinheitlichen und beschleunigen. Oder Sie wollen den Fachkräftemangel und den drohenden Verlust von Erfahrungswissen abmildern. In jedem Fall sollten Sie sichergehen, dass der Einsatz eine gezielte Weiterführung Ihrer unternehmerischen Strategie darstellt.

Vor kurzem unterhielt ich mich mit dem Anbieter einer KI-basierten Software zur Logistikoptimierung. Das Tool des Unternehmens ist gefragt, zahlreiche Unternehmen wollen mithilfe künstlicher Intelligenz ihre Liefertouren optimieren. Doch die Anfragen gehen oft in dieselbe Richtung: Die Technologie soll das Bestehende „besser“ machen. Damit kann der Anbieter kaum etwas anfangen. Was genau heißt „besser“?

Die Optimierung einer LKW-Route kann zum Beispiel darin bestehen, die Transportkosten gering zu halten oder CO2 einzusparen. Die Route kann aber auch so geplant werden, dass die Fahrer:innen eine möglichst angenehme Tour haben und ihre Arbeitskraft langfristig erhalten bleibt. Die strategische Zielsetzung ist Voraussetzung für den Einsatz von KI. „Besser“ ist keine Strategie.

2. Bestimmung der Innovations-
Potenziale

Haben Sie Ihr strategisches Ziel definiert, nehmen Sie zunächst einzelne Bestandteile Ihres Unternehmens unter die Lupe. In welchen Bereichen würde gezielte Innovation dabei helfen, Ihre strategischen Ziele zu erreichen? Und was könnte KI dabei leisten? So erkennen Sie die Potenziale:

Innivations-Potenziale durch KI

Am Produkt

Hier ist der Einsatz von KI sinnvoll, wenn …

durch sie bestehende Produkte verbessert oder neue entwickelt werden können, wodurch Zielgruppen-Bedürfnisse umfassender erfüllt oder neue Märkte erschlossen werden. Etwa durch Personalisierung von Produktfunktionen.

Klingt erstmal trocken. Ein Beispiel also: Nehmen wir an, Sie leiten einen Energie-Konzern. Natürlich ist Ihr Produkt mehr als der reine Strom, den sie anbieten. Um sich vom Wettbewerb abzuheben, bieten sie „Energie-Pakete“ für Ihre Kund:innen an. Was Ihres einzigartig macht: eine digitale Plattform, die private Haushalte unterstützt, ihre Energieeffizienz zu verbessern. Und zwar so: Der Stromverbrauch wird über einen Smart-Meter gemessen. KI analysiert die Stromdaten, erkennt die Verbrauchsgeräte im Haushalt und gibt Kund:innen über die Plattform Einsparungstipps, aufgeschlüsselt nach Geräten. Energieeffizienter leben dank KI. Ein echter Mehrwert.

Entlang der Kernprozesse

Hier ist der Einsatz sinnvoll, wenn …

durch die Nutzung von Daten und künstlicher Intelligenz die internen Produktionsprozesse optimiert werden können, ohne das Produkt oder die Dienstleistung selbst zu ändern. Die Produkte und Dienstleistungen entstehen gemäß den strategischen Zielen – aber effizienter, skalierbarer und/oder ressourcenschonender.

Was hieße das für Ihren Energie-Konzern? Über digitale Technologien, einschließlich Smart Metern, können Sie den Energieverbrauch der Kunden in Echtzeit erfassen. Auf Basis dieser Live-Daten (und weiteren spezifischen Informationen zu Haushalt und Gebäude) erstellt KI Prognosen für individuelle Verbrauchsmuster. Auch zusätzliche Daten wie Wetter-, Energiepreis- und Mobilitätsinformationen fließen in die Prognosemodelle ein, um noch exaktere Vorhersagen zu ermöglichen.  

Aber Sie denken noch weiter: Mithilfe von KI-Clustering werden Gruppen mit ähnlichem Nutzungsverhalten identifiziert, was genaue Prognosen für große Kundengruppen und letztlich für das gesamte Stromnetz ermöglicht. Das Ergebnis: Von nun an passen Sie die Energieproduktion an die prognostizierte Stromnachfrage an – und maximieren Effizienz und Versorgungssicherheit. Sowohl Engpässe als auch Überschüsse werden vermieden. Ein wichtiger aktiver Beitrag zur Energiewende.

Entlang der Support-Prozesse

Hier ist der Einsatz sinnvoll, wenn …

unterstützende Prozesse (Kundensupport, Finanzwesen, Personalmanagement und Infrastrukturmanagement) durch den Einsatz von KI und Datenanalyse optimiert werden können. Die Folge sind Kosteneinsparungen, verbesserte Leistungsfähigkeit und geringere Fehlerquote, kurz: ein reibungsloserer und effizienterer Betrieb.

Das gilt natürlich auch für die Support-Prozesse Ihres Konzerns. Stichwort: Versorgungssicherheit. Sowohl die physische (Stromnetz) als auch die digitale Infrastruktur (Cyber-Sicherheit) werden durch KI optimiert, effizient ausgebaut und geschützt. Auch bei Predictive Maintenance – der Vorhersage von Wartungsfenstern – hilft KI. Für die Instandhaltung schwer zugänglicher Infrastruktur können außerdem Drohnen und Bilderkennungs-KI eingesetzt werden. Ein klarer Zugewinn an Effizienz, Personal- und Versorgungssicherheit.

Neue Geschäftsmodelle

Hier ist der Einsatz sinnvoll, wenn … Sie bereit sind, die gewohnten Bahnen Ihres Denkens und Handelns zu verlassen. Denn:

Sie entwickeln innovative Geschäftsmodelle, bei denen Daten und KI nicht nur unterstützende Funktionen haben, sondern zum Kern des Produkts oder der Dienstleistung werden. Diese Ansätze eröffnen völlig neue Wege zur Monetarisierung und ermöglichen die Erschließung bisher unbedienter oder neu entstehender Marktsegmente.

Stellen Sie sich vor, Sie haben KI einem der obigen Ansätze folgend erfolgreich im Konzern etabliert. Von nun an sammeln Sie Daten und Einsichten, von denen andere Unternehmen nur träumen können. Warum also kein Geschäft daraus machen: Sie entwickeln ein SaaS B2B-Produkt namens "Smart Business", das auf den gesammelten Daten und bestehenden KI-Modellen in Ihrem Konzern basiert.  Ihre Software hilft Unternehmen z.B. dabei, die Steuerung von Produktionsphasen oder intensiven Verbrauchsphasen an die prognostizierten Strompreise anzupassen. KI gibt datenbasierte Benchmarkings zum Rest des Marktes und Tipps für weitere Optimierungen im Unternehmen.

Das Spannende daran: Sie verkaufen die Software nicht nur an Bestandskunden, sondern lizenziert auch an die Konkurrenz. Während Ihr Wettbewerb also versucht, mit Ihnen Schritt zu halten, verdienen Sie daran mit.

Und nicht genug: Indem Ihr Konzern anderen Unternehmen dabei hilft, Prozesse mittels KI zu optimieren, trägt "Smart Business" zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks bei und unterstützt den kostengünstigen und ressourcenschonenden Einsatz von Energie.

3. Reality-Check: Von Theorien zu 
Tatsachen

Schön und gut, werden Sie jetzt sagen. Vier Ansätze, vier erfolgreiche Umsetzungsbeispiele. Aber wie finden Sie eine Anwendungsidee in Ihrem Unternehmen, in dem die Dinge vielleicht ganz anders liegen? Gute Frage.

Die vier Ansätze in der Praxis

Der übliche Ablauf in Innovations-Prozessen sieht so aus: Zunächst pickt man sich einen der obigen Bereiche aus. Dann werden in den Grenzen des jeweiligen Bereiches Ideen entwickelt, wie und wo KI zum Einsatz kommen könnte. Erst im zweiten Schritt kümmert man sich um die technische Machbarkeit. IT- und Datenexpert:innen werden hinzugezogen, die Ihnen im schlechtesten Fall erklären, dass Ihre kreativen Ideen leider nichts mit den aktuellen Fähigkeiten künstlicher Intelligenz zu tun haben ... Oder dass es bei weitem nicht genügend Daten gibt, um ein entsprechendes Modell zu bauen.

Oder umgekehrt: Immer wieder beobachte ich, wie aus Fachabteilungen (vor allem den Support-Prozessen) schnelle Verbesserungen bestehender Prozesse durch bekannte Anwendungen wie Chat GPT gefordert werden. Man will, was man kennt – auch wenn es sinnvollere Optionen gäbe. Und das zwingt – tragisch, aber logisch – andererseits zur Einsicht: Was man nicht kennt, kann man nicht wollen.

Das wiederum kann teuer werden: Ohne Kenntnis der technischen Abläufe laufen Sie Gefahr, KI-Modelle einzukaufen, deren Folgekosten Sie nicht überblicken. Personal, Infrastruktur, Daten, Ressourcen: alles Kostenpunkte, die im Vorfeld berücksichtigt werden sollten. Sonst endet der KI-Rausch schnell in Katerstimmung. Bilanz: strategisch und wirtschaftlich unergiebig.

Wie man es dreht und wendet – hier liegt der entscheidende Moment der Ideenfindung: Nicht jeder Wunsch ist technisch realisierbar. Und nicht alles, was technisch machbar oder bekannt ist, ist wirtschaftlich sinnvoll.

4. Kombination relevanter Faktoren

Die erfolgreiche Einführung von KI im Unternehmen gelingt aus meiner Sicht nur, wenn zusätzlich zu den bisherigen Schritten weitere Faktoren im Prozess eingebunden werden – auch und gerade diejenigen, jenseits des eigenen Tellerrandes, des eigenen Unternehmens, des eigenen Fachgebietes.

Welche Faktoren sind das? Grob kategorisiert: Wirtschaftlichkeit, technische Machbarkeit, Datenverfügbarkeit und Kundenbedürfnisse. Diese Fragen sollten zu keiner Zeit des Findungsprozesses außer Acht gelassen werden. Welche Relevanz hat Ihr Produkt für Ihre Kund:innen? Welche Abläufe rechnen sich, welche nicht? Was ist technisch überhaupt möglich? Und sind alle benötigten Daten verfügbar? 

Sobald ich gemeinsam mit Unternehmen anfange, nach Innovationspotenzialen zu suchen, stelle ich Fragenkataloge zu jedem dieser Faktoren zusammen.

Perspektiven der Case-Analyse

Erst wenn man eine Idee von allen relevanten Seiten betrachtet, erkennt man ihre Stärken und Schwächen. Die meisten KI-Beratungsfirmen konzentrieren sich bestenfalls auf einen, maximal zwei dieser Faktoren. Die anderen bleiben blinde Flecken.

Ich bin überzeugt, viele Beratungen greifen deshalb zu kurz. Um eine sinnvolle, nutzbringende und gewinnstiftende Anwendung künstlicher Intelligenz für Ihr Unternehmen zu finden, gilt es die oben genannten Punkte gleichwertig, gleichzeitig und ganzheitlich zu betrachten.

Bei der Evaluierung möglicher KI Use Cases geht es also nicht darum, den richtigen Ansatz zu finden. Sondern immer darum, die verschiedenen Faktoren gewinnbringend miteinander zu kombinieren. Dass das nicht im Alleingang geht, versteht sich von selbst.

5. Zum Schluss: Anfangen

Bei PLAN D beziehen wir deshalb neben der Wirtschaftlichkeit die Faktoren „Daten“ und „Technologie“ von Anfang an in unsere Innovationsprozesse ein. Nicht nur, um frühzeitig die technische Machbarkeit und wirtschaftliche Zweckmäßigkeit zu prüfen. Sondern auch, um im Vorfeld auf andere Ideen zu kommen, den gedanklichen Horizont und das Spielfeld für Kreativität zu erweitern.

Wussten Sie, dass durch den Data Act bald unglaubliche Mengen an Daten auf dem Markt sein werden? Wissen Sie, in welchem Maße KI Daten verarbeiten kann? Oder welche Funktionen mit entsprechenden Daten möglich wären? Haben Sie mal daran gedacht, wohin sich Ihr jetziges Geschäftsmodell in Kombination mit Daten und Technologien, von denen Sie noch gar nicht wissen, dass es sie gibt, entwickeln wird? Nein? Wie auch.

Denn dazu brauchen Sie Informationen. Und die bekommen Sie, wenn Sie die richtigen Leute zusammen an einen Tisch bringen. Data Scientists und Branchenexpert:innen, IT-Profis und Projektmanager:innen. Ich selbst habe die Suche nach der bestmöglichen, nutzbringendsten Anwendung von KI in Unternehmen zum Beruf gemacht und dafür ein diverses Team der besten Köpfe verschiedenster Disziplinen zusammengestellt. Und eines kann ich Ihnen versprechen: Nie war mein Beruf spannender, nie waren die Möglichkeiten zur Gestaltung größer. Nie hat es mehr Spaß gemacht, anzufangen.

Dirk Schmachtenberg im KI Management Crashkurs von PLAN D

Weitere Informationen

Wenn Sie auch anfangen möchten, gebe ich Ihnen zum Schluss einen bescheidenen Rat: Machen Sie sich ein möglichst breites Bild der Möglichkeiten. Ich selbst biete Kund:innen immer an, zunächst eine fundierte Entscheidungsgrundlage aufzubauen: einen zweitägigen Crash-Kurs in Sachen KI und ihrer Möglichkeiten.

Dabei geht es nicht nur um den Stand der Technik, sondern auch um einen spezifischen Blick in die Welt des Kunden: Welchen Wert haben Daten speziell für die Branche? Welche Optionen zur Erhebung gibt es? Und wie könnte sich das auf das jeweilige Geschäftsmodell auswirken?

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