KI: Welche Jobs
sind noch
zukunftssicher?
PLAN D Mitarbeiter:innen diskutieren
Welchen Einfluss hat künstliche Intelligenz auf unsere Arbeit? Welche Berufe werden in Zukunft noch gebraucht? Welche nicht? Und was empfehlen wir jungen Menschen, die in den kommenden Jahren eine Ausbildung beginnen?
Vier Mitarbeiter:innen von PLAN D teilen ihre Gedanken.
„Je breiter man aufgestellt ist, desto besser.“
Dr. Alexander Friedenberger, Team Lead Data Science
Ich finde es schade, dass so viele Menschen mit ängstlichem Blick auf die Entwicklung künstlicher Intelligenz schauen. „Nimmt KI uns allen die Jobs weg?“ – „Wird hier bald alles von Maschinen bestimmt?“
Das Phänomen ist nicht neu. Technophobie, die Angst vor neuen Technologien, gab es schon zur Zeit der ersten industriellen Revolution. Während es damals Dampfmaschine und Elektrizität waren, die den Menschen Angst einflößten, sind es heute Roboter und Computer, die viele Leute um ihre Jobs fürchten lassen.
Zugegeben, auf individueller Ebene ist diese Sorge nicht ganz unberechtigt. Einige Tätigkeiten wird es so, wie wir sie heute kennen, nicht mehr geben. Aber der Blick in die Geschichte zeigt: Es sind nicht nur alte Jobs weggefallen, sondern immer auch neue entstanden. Und die positiven Effekte, die der technologische Fortschritt mit sich gebracht hat, will wohl kaum jemand missen.
Die Steigerung der Produktivität ermöglichte kürzere Arbeitszeiten. Viele körperlich harte Tätigkeiten wurden von Maschinen übernommen. Alles in allem also eine positive Entwicklung. Was spricht dagegen, dass es diesmal wieder so kommt? Es muss ja nicht gleich der Fully Automated Luxury Communism sein. Aber eine 4-Tage-Woche könnte meines Erachtens durchaus drin sein.
Mein Blick auf unsere Zukunft mit KI ist jedenfalls ein optimistischer. Doch was heißt das für junge Menschen, die jetzt ihre Ausbildung beginnen?
Meine Empfehlung wäre: Je breiter man aufgestellt ist, desto besser. In einer Zeit, in der nicht abzusehen ist, wo die Reise hingeht, erscheint es mir klüger, ein generalistisches Studium zu wählen als einen sehr spezifischen Job zu erlernen. Außer natürlich Data Scientist, das geht immer :-)
„Die Zukunft gehört den Nerds? Stimmt gar nicht.“
Dirk Schmachtenberg, Managing Partner
Um zu verstehen, welche Jobs durch künstliche Intelligenz bedroht sind, muss man verstehen, wie die Technologie funktioniert. Fangen wir also von vorne an.
KI-Technologien sind unglaublich stark in Sequenztransduktion: Sie berechnen für einen Sachverhalt den am wahrscheinlichsten folgenden Sachverhalt. Das kann das nächste Wort sein, das auf ein anderes Wort folgt, der nächste Satz, der nächste Ton oder Farbpixel.
Mit dieser Vorgehensweise erreichen Machine-Learning-Modelle brillante Ergebnisse. Aber – und dieser Aspekt kommt mir in der öffentlichen Debatte manchmal zu kurz – sie wissen nicht, was sie da tun. Künstliche Intelligenz hat kein eigenes Verständnis von Literatur, von Musik oder Wissenschaft. Auch nicht vom Programmieren.
Womit wir bei den Schwächen wären. Eine KI kann keine neuen Ideen entwickeln und keinen Transfer herstellen, sie empfindet keine Empathie und, nicht zu vergessen, sie hat keine Moral. Übrigens, allen Roboterfantasien zum Trotz: Komplexe motorische Tätigkeiten, wie sie zum Beispiel im Handwerk erforderlich sind, überfordern die Maschinen bislang kolossal. Das alles sind Faktoren, die den Einsatz künstlicher Intelligenz in erheblichem Maße einschränken.
Übertragen auf zukunftsfähige Jobprofile heißt das: Die technokratische Verarbeitung von Informationen – ob Routenplanung oder Stundenplanerstellung – kann die KI besser und schneller erledigen als wir. Dort hingegen, wo es auf Transferleistungen und Kreativität ankommt, wo soziale Kompetenzen oder manuelle Fertigkeiten gefragt sind, sind wir Menschen klar im Vorteil.
Was ich daran besonders spannend finde, ist, dass es die naheliegende These widerlegt, die Zukunft gehöre den Nerds. Natürlich werden Data Science und Softwareentwicklung auf absehbare Zeit gefragte Jobprofile sein. Doch die Dachdeckerin und der Pädagoge werden dem in nichts nachstehen.
„Unser Bedürfnis nach persönlichem Kontakt wird der KI Grenzen setzen"
Thorsten Konrad, Senior Consultant Digital Innovation
Wir müssen nicht alle Programmier:innen werden, das stimmt. Trotzdem würde ich jedem, der „in der Wirtschaft“ arbeiten will, dazu raten einen Studiengang zu wählen, der auch technologische Themen beinhaltet. Etwa Wirtschaftsinformatik statt BWL, Digital Humanities statt Kulturwissenschaft. Denn das Verständnis für digitale Technologien wird immer wichtiger, in allen Unternehmensbereichen.
Dass der Einsatz künstlicher Intelligenz massenhaft Leute arbeitslos machen wird, glaube ich aber nicht. In den meisten Fällen wird sie die menschliche Arbeit unterstützen.
In unseren Projekten ist es zum Beispiel häufig so, dass Sachbearbeiter:innen ihre Aufgaben einfacher und besser erledigen können, indem sie KI-basierte Prognosen nutzen. Mediziner:innen können mehr Zeit in die Kommunikation mit Patient:innen investieren, wenn eine KI sie bei der Diagnose unterstützt. Und in der Altenpflege könnten Roboter Routineaufgaben übernehmen, so dass das Personal wieder mehr Zeit für Gespräche hat.
Jetzt ließe sich einwenden, dass die Technologie in absehbarer Zeit auch den kommunikativen Part vollständig übernehmen kann. Das mag sein. Aber wer will das schon? Ob in der Pflege oder in der Medizin, selbst beim Kundenservice: Die meisten Menschen legen weiterhin viel Wert auf die Interaktion mit anderen echten Menschen.
Ich glaube, dieses Bedürfnis nach persönlichem Kontakt wird dem Einsatz von KI ganz von allein gewisse Grenzen setzen – zumindest so lange man einen Menschen noch von einer Maschine unterscheiden kann.
Was jedoch jetzt schon feststeht: Wir alle müssen uns darauf einstellen, immer häufiger mit intelligenten Systemen zusammenzuarbeiten. Die größte Herausforderung der kommenden Jahre wird sein, Berührungsängste abzubauen und ein größeres Verständnis für die Funktionsweise von KI-Modellen zu schaffen. Und da kommen dann wieder die Absolvent:innen der Wirtschaftsinformatik und Digital Humanities ins Spiel.
„Warum finden wir es erstrebenswert, Musik und Kunst durch KI erstellen zu lassen?“
Ebba Schröder, Senior Communications Expert
In meinem Beruf schreibe ich viel. Zudem habe ich vor Kurzem eine Ausbildung zur Sprecherin begonnen. Man könnte auch sagen: Ich bin in der Text- und Sprachgenerierung tätig. Beides Bereiche, in denen künstliche Intelligenz zuletzt rasant aufgeholt hat.
Ich muss zugeben, dass der Hype um ChatGPT und Co. bei mir zunächst auf Abwehr stieß. Schließlich hatte ich mich bislang von dem Versprechen einlullen lassen, KI mache nur solche Tätigkeiten obsolet, die repetitiv und langweilig seien. Jobs, die keiner machen will.
Aber schreiben und sprechen? Nicht zu vergessen andere kreative Bereiche wie Musik, Kunst, Design? Alles erfüllende Berufe, denen Menschen mit Leidenschaft nachgehen! Warum findet es überhaupt irgendjemand erstrebenswert, diese Aufgaben durch Maschinen erledigen zu lassen?!
Inzwischen ist meine Haltung gelassener. Dass KI in kreativen Berufen an klare Grenzen stößt, ergibt sich schon aus ihrer Funktionsweise. Und sollten in den kommenden Jahren trotzdem die Jobs für Texter:innen, Sprecher:innen und Designer:innen wegbrechen, dann wird es andere spannende Aufgaben für uns geben.
Zum Beispiel als Medienpädagog:innen. Schließlich sind die Lehrerzimmer schon jetzt dramatisch unterbesetzt. Wie sollen es die wenigen Lehrkräfte dann noch schaffen, bei technologischen und medialen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben und die Kinder im Umgang damit zu schulen?
Vielleicht ist es ja gar nicht schlecht, wenn in Agenturen und Beratungen demnächst ein paar kluge Leute weniger gebraucht werden. Sie werden anderswo dringend benötigt.